Greifvögel ganz nah: Falknertag auf der Greifvogelwarte Feldatal

Es war das Geschenk zu einem runden Geburtstag und endlich sollte es eingelöst werden: Ein „Eulentag“ auf der Greifvogelwarte Feldatal. Wir hatten uns diese Vogelwarte ausgesucht, da die Tiere dort nicht in Anbindehaltung (leider immer noch erlaubt), sondern in Volieren gehalten werden. Dort gibt es individuelle Erlebnisse, Eulentag, Falkner4Kids, Adlererlebnis.... . Also ganz nah dran an den Tieren mit sachkundiger Betreuung durch den Falkner. Die Kommunikation im Vorfeld war erste Sahne und verbindlich, wir hatten uns auf einen Termin geeinigt mit der Option, dass uns die Betreiber der Greifvogelwarte anrufen, wenn vorher etwas frei wird. Wir wurden auch angerufen, leider waren wir da im Urlaub, so dass es bei dem vereinbarten Termin Anfang November blieb.

Zwei Tage vorher bekamen wir die Info, dass es bereits zu kalt für die kleinen Dschungeleulen ist und die nicht mitmachen können. Da die Eulenbesetzung dadurch ausgedünnt war, wurde uns ein kostenloses „Upgrade“ für den Falknertag angeboten. Mit Greifvögeln und Eulen. Na klar, das machen wir!

Direkt bei der Ankunft lagen schon Lunchpakete für uns (veggie) und Lunchboxen für die Vögel (nicht veggie) bereit und es ging sofort los. Erste Infohäppchen rund um die Tiere, Artenschutz und die Vogelwarte und Leckeres für die ersten beiden gefiederten Teilnehmer. Zum Gewöhnen gab es  Exemplare von handlicher Größe und Gewicht auf den Arm. Absolute Profis im Umgang mit Menschen. Nur gucken, nicht anfassen, die Greifvogelwarte ist kein Streichelzoo und die individuellen Bedürfnisse der Tiere werden respektiert. Von Natur aus ausschließlich nachtaktive Eulen und Uhus werden tagsüber in Ruhe gelassen und nehmen nur bei „Eulen in der Dämmerung“ teil, da sie sonst erblinden können. Selbst bei bedecktem Himmel ist die UV Strahlung für ihre Augen tagsüber zu hoch. Auch die dämmerungsaktiven Eulen waren bei unsere Ankunft noch in ihrem Ruhemodus, welcher respektiert wird, die Tiere werden erst nachmittags aktiv und wollen auch erst dann fressen.

Ach ja Futter….. wer zart besaitet ist, liest jetzt weg. Die Greifvögel sind Fleischfresser und werden nicht mit Trockenfutterpellets ernährt wie mit Hunde- oder Katzenfutter, sondern mit Babymäusen, Hühnerhälsen, Küken und anderen Körperteilen von Tieren. Der weiße Leinenanzug ist also nicht das Outfit der Wahl beim Falknertag, falls bei dem Geschmatze etwas daneben geht.

Falkner Michael hat einen sehr humorvollen und herzlichen Umgang mit Mensch und Tier. Es kommt keine Langeweile auf. Er lebt und liebt seinen Beruf und in seiner Gegenwart fühlt sich der Umgang mit den Vögeln auch ganz schnell total natürlich an. So als hätte man nicht erst seit zehn Minuten einen Vogel 😁.

Nach der Einführung ging es vorbei an den Volieren auf den „Flug-und Spielplatz“. Auf dem Weg dahin zeigte sich schon der unterschiedliche Charakter der Bewohner. Von neugierig-interessiert über „was wollt ihr denn – ich schlafe“ bis hin zum hyperaktiven Bird, der es gar nicht erwarten konnte, dass das Entertainment-Programm los ging. Für uns startklar war Aguja „Catho“. Schon etwas größer als die Einsteigermodelle zu Anfang und wir durften mit ihm üben, wie man sich hinstellen und den Arm halten muss, damit der Vogel sicher landet, auf dem Arm bleibt und auch sicher wieder startet. Die Vögel werden zu nichts gezwungen. Das regelmäßige Training und der Umgang mit dem Mensch ist dennoch täglich wichtig, damit der Vogel sich auf dem Arm wohl fühlt. Flugtraining, Freiflüge, Spaziergänge und Intelligenzspielzeuge (Futterfummler) runden das Programm ab. Wer keine Lust auf Mitmachen hat, bekommt trotzdem seine Mahlzeit. Der Biorhythmus der Tiere ist entscheidend, dann kommen noch Faktoren wie Wetter, Unruhe beim Vogelzug, Mauser, Paarungszeit, etc dazu. Eben wie wir Menschen auch, jeder Tag ist anders.

Das Jagd- und Sozialverhalten der Arten unterscheidet sich, vom einsamen Ansitzjäger bis hin zum im Familienclan strategisch jagenden Vogel, ist alles vertreten und dementsprechend unterschiedlich agieren die Tiere auch.

Mein persönliches Highlight war der Wüstenbussard. Ich glaube, dieser Vogel liebt das Geräusch wenn wir Menschen lachen. Raus aus der Voliere und erst einmal zu Fuß überall rum gerannt, dann zum  Teich, „baden? – nee heute nicht“, zwischendurch das Intelligenzspiel in rasender Geschwindigkeit lösen, auf dem Handschuh landen, dann lieber doch wegfliegen, gucken, was auf dem Volierendach los ist und zum Schluss die Tasche des Falkners klauen und intensiv bearbeiten. Auf, zu, auf, zu und nur unter lautstarkem Protest und Lösegeld (Hühnchen) wieder raus rücken. Was für ein rasanter Auftritt!

Weißkopfseeadlerdame Hera beeindruckte vor allem durch ihre Größe und ich habe mir zwei Mal überlegt, ob das mit uns beiden gut geht, mich dann aber doch getraut. Alles an diesem Vogel ist gewaltig. Der charakteristische weiße Kopf bildet sich erst mit den Jahren, junge Weißkopfseeadler haben keine weißen Köpfe. Dann war da noch Steinadler Polly mit großen, kräftigen Füßen, die Beutetiere bis zu max 15 kg erlegen kann. Steinadler töten mit ihren Füßen. Mein Arm ist noch dran und voll funktionsfähig, Polly ist Menschen gegenüber zurückhaltend-schüchtern. Was Polly an Kraft hat, haben manche Eulen und Uhu-Arten an Puscheln: sie haben Puschelfüsse, ähnlich wie Kaltlbutpferde aber es sind tatsächlich Federn. An dieser Stelle sei gesagt: was bei Schweinen der Ringelschwanz, sind bei Eulen die Puschelfüsse. In einer artgerechten Haltung sind die Federn unbeschädigt, in Anbindehaltung kommt es zu Verletzungen am Gefieder und wunden Füßen. Das Gefieder von Eulen und Uhus (Uhus sind die mit den „Ohren“ auf dem Kopf) hat eine ganze andere – weichere - Struktur als die Federn anderer Vögel, so dass sie lautlos fliegen können.

Zwischen den ganz Großen hatte auch ein ganz Kleiner Platz: ein Gerfalke, der zielsicher auf dem Kopf meines Mannes landete und der ohne Handschuhe auf einem Finger Platz findet, um sich sein Essen in Form von Maden abzuholen. Ach und die Schnee-Eule war da noch und der Bussard, der super im Flug fängt, und, und, und…. Jeder der gefiederten Team-Mitglieder ist eigentlich einen eigenen Bericht wert und auch Falkner Michael kommt hier sicher zu kurz, seine Anekdoten haben uns immer wieder viel Freude beschert. Wissen, humorvoll verpackt, das bleibt im Gedächtnis hängen. Die Greifvogelwarte hat auch eine für Besucher nicht zugängliche Station für verletzte wilde Greifvögel. Die sollen möglichst wenig Kontakt zu Menschen haben, da sie nach ihrer Genesung wieder ausgewildert werden. Und was die ständigen Bewohner (teilweise schon über 20 Jahre) der Vogelwarte angeht: Michael kennt und respektiert jedes einzelne Tier. Dabei hat er einen sehr freundlichen und unaufgeregten Umgang mit ihnen, er liebt was er tut und als Besucher merkt man das.

Für uns war dieser Tag ganz besonders und ich kann dieses Erlebnis uneingeschränkt empfehlen. Auch wenn man Greifvögel auf seiner persönlichen Interessensliste nicht ganz oben stehen hat, es lohnt sich. Man lernt so viel und kommt mit Tieren, die man sonst nur weit weg von unten sieht, in Kontakt. Der Himmel rückt ein Stück näher. Vielen Dank an das Team (mit und ohne Federn) der Greifvogelwarte Feldatal. 

 

Uhu auf der Greifvogelwarte Feldatal in Hessen
Zeigt her eure Füße......

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Falkner Michael spricht "Mensch" und "Vogel". Beides fließend.


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