Museum Wäschefabrik in Bielefeld, Industriekultur und beswingte Zeitreise in Ostwestfalen


Nachdem wir bereits im Museum Böckstiegel in Werther mit viel Freude getanzt haben, sind wir auch mit großen Erwartungen zu der 1930er Jahre Tanzparty im Garten des Museum Wäschefabrik in Bielefeld gegangen. Durchgeführt vom nebenan gelegenen Hotel / Restaurant Bartsch, an dieser Stelle vielen Dank für die leckere Verpflegung.

Das Museum Wäschefabrik hatten wir bis dato schlichtweg übersehen. Versteckt in einem Hinterhof der Viktoriastraße gelegen, liegt das wunderschöne Ensemble aus Fabrikantenvilla samt Produktionsstätte und einem großen Garten, der genug Platz bot für Tanzfläche sowie gemütliche Sitzgelegenheiten. Schon bei der Ankunft waren wir geflasht, wie toll das Gebäude von aussen aussieht und dass es all die Jahrzehnte in quasi unverändertem Zustand überstanden hat. Wäre es nicht im Dornröschenschlaf versunken, wäre es garantiert in eine Wohnanlage oder ähnliches umgewandelt worden. In einem solchen Ambiente zu tanzen ist einfach etwas ganz besonderes.

An dem Tag der Tanzveranstaltung konnte man leider nicht in das Gebäude aber das haben wir ein paar Wochen später nachgeholt und wieder war es verbunden mit Staunen und Aha-Effekt. Alles ist wie es in den 1980er Jahren zurück gelassen wurde und zwar so als ob die Belegschaft gerade in der Mittagspause ist und gleich wieder zurück kommt. Okay, die Kontiermaschine ist zwar ganz schön alt und heute lässt sich die Buchhaltung einfacher per PC erledigen aber garantiert könnte man mit dem Teil noch arbeiten. Genauso wie die Nähmaschinen in dem Nähsaal noch funktionieren. Es könnte glatt wieder los gehen mit der Textilproduktion. Auch Material ist noch genug vorhanden: regaleweise lagern Stoffe und andere Utensilien. Im Versandraum gibt es auch genügend Verpackungsmaterial und garantiert lagern in den Schränken noch viele Adressaufkleber der Vereinigten Wäschefabriken Th. Und G. Winkel.

Vom Gefühl her ist man auch nicht in einem Museum. Es sieht nicht aus wie in einem Museum, keine Glaskästen, keine hübsch präsentierten Ausstellungsgegenstände. Es fühlt sich alles so echt an. An jeder Ecke Kleinigkeiten, die einen mit auf die Zeitreise nehmen: Kalender aus den 1980er Jahren im Büro, eine Schachtel mit der Aufschrift 1958 und einem Text, den ich nicht entziffern konnte, da der Schreiber ein Mix aus Sütterlin und moderner Schrift geschrieben hat. Modezeitschriften mit aus heutiger Sicht kurios anmutender Nachtwäsche. Bügeleisen aus dem Land der Kurzhantel-Fitnessgeräte.   

1913 entstanden und vieles befindet sich noch im „Urzustand“. Die letzten „modernen“ Investitionen gab es in den 1960er Jahren. Wer kennt noch aus Omas Haus die schwarzen Lichtschalter zum Drehen? Oder wie mag es sein, in einem Raum zu arbeiten, in dem 50 Nähmaschinen rattern? Oder eine Schicht in dem düsteren Kellerraum, wo eine wirklich gewaltige und furchteinflössende Mangel steht, die bei mir sofort Assoziationen zu Gruselromanen meiner Jugend weckt.

In den Unternehmerräumlichkeiten waren wir noch nicht, wir werden sie bei einer Veranstaltung des „Kleinen Kultursalon“ betreten und freuen uns schon riesig darauf. Es ist so wunderbar, dass dieser kleine, feine Ort als Gesamtensemble erhalten bleibt und der Förderverein dafür sorgt, dass weiterhin „Leben in der Bude“ ist. Ob über Veranstaltungen drin und draußen, Sonderausstellungen oder Näh-Workshops. Und auch die Tradition der Textilherstellung wird durch ein Vereinsmitglied am Leben erhalten: es werden im Museumshop Babydolls in kleinem Umfang angeboten. Liebevoll individuell gestaltete Einzelstücke nach den Originalschnitten der Vereinigten Wäschefabriken Th. und G. Winkel in Bielefeld.

einzigartige erhaltene Industriekultur im Museum Wäschefabrik
Swingtime im Garten des Museum Wäschefabrik


Industriekultur im Museum Wäschefabrik in Bielefeld
Der ehemalige Nähsaal, es kann jederzeit weiter produziert werden.

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