Industriekultur in Ostwestfalen – Besuch in der Ziegelei Lage

Wer in Detmold und Umgebung das Wort Freilichtmuseum hört, denkt meistens zuerst an das große Museum in Detmold. Ein Ausflug in den Nachbarort Lage und ins dortige LWL Industriemuseum Ziegelei lohnt sich aber auch!

Auf dem Gelände der ehemaligen Ziegelei Beermann (komplett mit Villa der Eigentümer und Produktionsstätten) erfährt man alles rund um die Produktion von Ziegeln und den Beruf des Zieglers. Die Produktionsstätten sind noch voll funktionsfähig, so dass an Aktionstagen das Ganze auch live erlebt werden kann. Das Museum bietet einen tiefen Einblick in 100 Jahre Firmengeschichte. Wie lebten Zieglerfamilien, deren Väter im Rahmen der Kampagne monatelang nicht zu Hause waren? Welche Arbeitsbedingungen herrschten vor 100 Jahren und wie haben sie sich im Lauf der Zeit verändert?

Sehr beeindruckend sind die mechanischen Produktionsanlagen und der gigantische Rundofen. Ein Blick oben auf den Ofen in das Kabuff des Vorarbeiters lohnt sich, danach wird sich niemand mehr über einen modernen Büroarbeitsplatz beschweren. Insgesamt erhält man den Eindruck, dass die Arbeit des Zieglers körperlich schwer und schmutzig gewesen sein muss, je nach Arbeitsplatz auch noch dunkel und heiß. Untergebracht waren die Männer in Sammelunterkünften, ausgestattet mit einfachsten Stockbetten und kleinen Spinden für die Habseligkeiten. Privatsphäre? Fehlanzeige. Bettwanzen? Jede Menge.

Die Fabrikantenfamilie logierte da schon angenehmer in der Villa Beermann, direkt auf dem Betriebsgelände. Verglichen mit anderen Fabrikantenvillen oder Bauten aus der Zeit, ist die Villa Beermann recht schlicht und wenn man weiß, dass zwei Familien darin wohnten, war es dort nicht so luxuriös wie die Bezeichnung Villa vielleicht vermuten lässt.

Das Museum hat ein abwechslungsreiches Jahresprogramm für Groß und Klein, von Mitmachaktionen bis hin zu Führungen ist alles geboten. Vielleicht sollte man bei einigen Mitmachaktionen nicht gerade die schickste Kleidung anziehen, es könnte lehmig und staubig werden.

Es gibt auch wechselnde Sonderausstellungen, die klein aber fein sind. Derzeit wird unter dem Motto „Boten, Helfer und Gefährten“  über die wechselhafte Beziehung von Mensch und Tier im Lauf der letzten 100 Jahre informiert. Schweine, Pferde, Tauben und Bienen, wie hat sich ihre Bedeutung und unsere Beziehung zu ihnen geändert, wie gehen wir heute mit ihnen um? Das Schwein hat früher mit Familienanschluss gelebt. Wurde gehegt, gepflegt und gefüttert, um irgendwann die Familie in einer Hausschlachtung mit Wurst und Fleisch zu versorgen. Heute leben die Tiere größtenteils in Massentierhaltungen, werden in Schlachtfabriken geschlachtet, um dann in Plastik verpackt als kleine Portionen im Supermarkt zu landen…. Eine der Stationen der Ausstellung, die einen nachdenklich macht.

Glücksmomente hatte ich dann beim Themenbereich Pferd, waren dort doch auch die Pferdezeitschriften und Bücher ausgestellt, die ich als pferdeverrücktes kleines Mädchen auch gelesen hatte. Und ich hatte sie alle!

Wirklich angetan waren wir auch vom Museumscafé mit toller Tortenauswahl (selbstgemacht!), nettem Service und gemütlicher Location. Das Café kann kostenlos unabhängig vom Museum besucht werden, Parkplätze sind genügend vorhanden und das Preis-Leistungsverhältnis ist auch in Ordnung. Typisch ostwestfälischen Pickert und andere herzhafte Kleinigkeiten stehen auch auf der Karte.

Für Museumsfans wie uns lohnt sich die Jahreskarte, mit der man freien Eintritt in alle LWL und LVR Museen hat.

Maschine in der Ziegelei Lage
Was für Technik-Fans!

Arbeitsplatz in der Ziegelei in Lage, Ostwestfalen
Früher war nicht alles besser...

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