Damit französische Offiziere reiten lernen konnten, wurde nach dem 2. Weltkrieg nahe der Illenau eine Reithalle erbaut. Geritten wird dort schon lange nicht mehr und das Gebäude lag auch sehr lange brach. Eine Reithalle hat die Innenmaße von 20 x 40 oder 20 x 60 m, also viel Platz aber auch viel Fläche mit der man genau was macht, wenn man nicht reitet?!
Wir waren schon vor dem Tag des offenen Denkmals ein paar Mal drin, gleichwohl konnten wir am Tag des offenen Denkmals eine tolle Führung mitmachen und viel mehr kennen lernen, als das was man auf den ersten Blick sieht. Die Reithalle ist heute ein multifunktionaler Ort mit verschiedenen Bereichen: Markthalle, Café, Büros und Häusern. Ja, richtig gelesen, denn in die Reithalle wurden im hinteren Bereich teilweise Wohnhäuser gebaut, Gebäude im Gebäude sozusagen. Außerdem stehen dort Regale mit einer Sammlung von über 100 historischen Rollern und motorisierten Zweirädern, ein Oldtimer Fan kann also erst diese bewundern und dann im Sommer draußen an der Tanke aus den 60er Jahren Kaffee und Kuchen einnehmen. Das „Café 58“ welches sich ebenfalls in der Reithalle befindet lädt zum Verweilen ein. In der Markthalle kann man regionale Produkte direkt vom Erzeuger kaufen, es gibt eine Unverpackt-Ecke und eine große Auswahl an verpackten Bio-Produkten. Eine kleine Buchhandlung hat ebenfalls ihr zu Hause in der Reithalle gefunden.
Die verschiedenen Bereiche gehen fließend ineinander über und der Charakter der historischen Halle wurde erhalten, es steht Reithalle außen dran und innen drin kann man es sich auch immer noch als Reithalle vorstellen mit den großen über Bandenhöhe angebrachten Fenstern und der hohen Deckenhöhe. Ich habe natürlich auch nach den Buchstaben und den Zirkelpunkten geschaut aber die sind natürlich nicht mehr vorhanden, zu lange ist kein Pferd mehr dort getrabt und galoppiert.
Bei unserer Führung haben wir viel über Denkmalschutz, Bausubstanz und die Dachkonstruktion gelernt und auch darüber warum manche Bereiche ungenutzt bleiben werden. Über dem Eingangsbereich gibt es eine Art offenen Dachboden, von wo aus man einen tollen Blick runter in die Halle hat, diese Fläche wird brach liegen bleiben, denn es gibt keine durchgehende Treppe nach unten, der Fluchtweg im Brandfall ist nicht gewährleistet. Darunter ist ein Bereich, durch den man als Besucher nicht einfach durchlaufen kann, hier sind Büros von Firmen. Während der Führung wurden wir auch hier durchgeführt.
Mich hat fasziniert, wie vielfältig und praktisch ein vorhandener Hallenbau genutzt werden kann, wenn man nur eine Vision hat, jenseits des Lamentierens über Fensterputzen und Heizkosten. Die Bewohner der kleinen Häuser in der Halle haben den Luxus vom Haus im Haus, dort muss sich niemand Gedanken über Heizkosten machen oder dass das Hausdach undicht ist, denn das eigene Domizil steht ja warm und trocken in der Halle. Und auch der Bürobereich ist in sich abgeschlossen und kompakt und wahrscheinlich muss auch niemand im Café frieren. Und im Markthallen-Bereich wären muckelig warme Temperaturen kontraproduktiv. Wir kannten zuvor nur die Markthalle in Rotterdam, welche auch ein multifunktionaler Ort zum Arbeiten, Shoppen und zum Wohnen ist. Natürlich viel größer als die im Vergleich dazu kleine Reithalle in Achern. Aber auch dort funktioniert das Prinzip von dem schützenden Dach über einzelnen voneinander unabhängigen Bereichen, die sich gemeinsam über das große Ganze definieren. In Achern wohnt, arbeitet und trifft man sich „in der Reithalle“.
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| Die Reithalle in Achern |
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| Historische Zweiräder |


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